Der Begriff Aeromantie bezieht sich auf die Luft und beschreibt eine uralte Weissagungsmethode, bei der man aus der Luft und den Elementen Vorhersagen bezieht. Es ist eine mantische Kunst, die ihren Bezug in allen Himmelserscheinungen findet. Interpretiert wurde beispielsweise der Wind, die zu bestimmen Zeiten oder an bestimmten Orten auftauchenden Regenbögen, besondere Wolkenformationen oder Vogelzüge in bestimmte Richtungen, zu ungewöhnlichen Zeiten oder zeitgleich mit ungewöhnlichen Ereignissen. Blitze, ungewöhnliche Wetterlagen und Meteoriten dienten als Medien, mit denen man bestimmte Dinge voraussagte.
Inhaltsverzeichnis
Die Spielarten der Aeromantie
Viele Völker aller Zeitalter haben versucht, sich über die Aeromantie Zugang zu höherem Wissen zu verschaffen. Die Beobachtung der Himmelsphänomene beeinflusste die Wissenschaften. Ornithologie, Astronomie oder Meteorologie wurden dadurch begründet. Üblicherweise unterteilt man die Aeromantie in fünf Untergebiete. Mit Austraumantie bezeichnet man die Deutung der Winde, ihrer Richtungen und Ausprägungen. Donner und Blitz sind Inhalte der Keraunoskopie. Die Choamantie beobachtet und interpretiert die verschiedenen Wolkenformen und ihre Bewegungen sowie Regenbögen, die zu besonderen Ereignissen oder unerwartet irgendwo auftauchen und als Hinweise gesehen werden. Beispielsweise wurde in Tibet darauf geachtet, ob anlässlich des Todes eines inkarnierten Lamas oder zur Geburt eines kommenden Dalai Lamas irgendwo ein Regenbogen gesichtet wurde. Der Aeromantie samt ihrer Spielarten wurde in Tibet eine große Rolle zugewiesen. Die Beobachtung von Meteoritenschwärmen wurde ebenso zur Vorhersage oder Untermauerung eines besonderen Ereignisses herangezogen. Last not least kennt man die Beobachtung der Vogelzüge oder die Interpretation einzelner Vogelarten, die besondere Verhaltensweisen zeigen.
Die Entwicklung einer mantischen Kunst
Nicht nur die Tibeter setzten auf die Beobachtung und Auslegung von Naturphänomenen. Phänomene in Luft und Wasser interessierten auch die Babylonier, Perser, Ägypter oder Etrusker. Sogar die Hochkulturen der Römer und Griechen richteten sich nach den Naturphänomenen am Himmel. Auch die verschiedenen Sternzeichen und ‑konstellationen wurden als bedeutungsvoll angesehen. Die Natur war für alle Völker der Welt der alles beherrschende Eindruck, dem man sich nicht entziehen konnte. Wurde beispielsweise die Geburt eines späteren Hohepriesters von einem besonders heftigen Gewitter begleitet, übertrug man dies auf seine Bedeutung und Macht. Ob das aeromantische Zeichen als positiv oder negativ gewertet wurde, entschied sich im Laufe der Zeit durch die Muster der Interpretation. Eine mantische Kunst, die sich auf den Himmel bezog, bildete sich aus. Es lag nahe, den Himmel mit dem Sitz von Göttern gleichzusetzen. Ohnehin erkannte man die Natur als übermächtigen Einfluss und den Menschen als demütigen Teil dieses Umfeldes an. Wetterumschwünge und damals nicht erklärbare Himmelsphänomene machten Ernten zunichte, beeinflussten den Fluss des Wassers, gaben Orientierung, vermittelten Hoffnung auf eine glückliche Heimkehr oder eine erfolgreiche Pilgerschaft. Sie stellten einen aber auch vor Rätsel.
In Ehrfurcht vor dem Leben
Geister und Götter waren die angenommenen Instanzen, denen man diese Phänomene zuschrieb. Kein Wunder also, das man ungewöhnliche Wetterlagen, Kometen oder Himmelsphänomene auch bei den Indianern auf Lederdecken zeichnete und so der Nachwelt überlieferte. Auf diese Weise konnten einige Jahrhunderte später bestimmte Ereignisse, die auch anderswo verzeichnet worden waren, zeitlich zugeordnet werden und ermöglichten eine relative Geschichtsschreibung. So bildete die Aeromantie nicht nur die Grundlage zur Interpretation vergangener, zukünftiger oder gerade eintretender Ereignisse, sondern reichte auch darüber hinaus. Wer mag, kann auch den allabendlichen Wetterbericht im Fernsehen als angewandte Aeromantie begreifen – nur dass wir diesen nicht mehr auf Ereignisse außerhalb des Wetters beziehen würden. Niemand in einem industrialisierten Land würde das Auftauchen eines Regenbogens als Glück verheißend für eine Geburt ansehen.